In einem offenen Brief an Justizminister Brandstetter prangert der Kreditopferverein KOV nachweislich fehlerhafte / manipulierte IT-Systeme österreichischer Banken an, welche von der Justiz nicht geahndet, sondern allem Anschein nach gedeckt werden!
Offener Brief an den Justizminister.
Sehr geehrter Herr Bundesminister Dr. Brandstetter!
In den Vereinigten Staaten wurde kürzlich ein Fall von massivem Betrug durch Manipulation des IT-Systems der Bank Wells Fargo aufgedeckt. Nun verhält es sich so, dass dem KOV Kreditopferverein mehrfach Nachweise für fehlerhafte / manipulierte IT-Systeme österreichischer Banken vorliegen. Die Auswirkungen der festgestellten Fehler / Manipulationen haben ein Schadenspotential, welches durchaus mit dem anfangs erwähnten Fall aus den Vereinigten Staaten vergleichbar ist.
In concreto:
Die (zumindestens) von den steirischen Raiffeisenbanken verwendete Software lässt es zu, dass Sachkonten ohne weiteres zu Personenkonten gemacht werden können – also zu „ganz normalen“ Konten mit IBAN, die im regulären Zahlungsverkehr verwendet werden können. Wir können das enorme Betrugspotential in dieser Sache hier nur andeuten: Bankmitarbeitern, die um diese Möglichkeit wissen, steht damit eine unerschöpfliche Geldquelle zur Verfügung – die moderne Version eines Goldesels! Da (zumindestens in den Banken) bekannt ist, wie Revisionen durchgeführt werden, ist es äußerst unwahrscheinlich, dass Revisoren solche betrügerischen Praktiken entdecken.
Die Sparkasse Oberösterreich (und nach Aussagen aus informierten Kreisen die ganze Sparkassengruppe und Erste Bank) erstellt durch fehlerhafte Software vertragswidrige Kreditsaldenabrechnungen. Durch diesen IT-Systemfehler werden bei Fremdwährungskrediten Kursentwicklungen vor Währungskonvertierungen nicht berücksichtigt. So ist es in einer Reihe von Fällen dazu gekommen, dass Bankkunden Kursverluste ausgewiesen wurden, obwohl tatsächlich Kursgewinne vorlagen. In weiterer Folge wurden von den so falsch informierten Bankkunden u.a. Erhöhungen der Sicherheiten gefordert. Vermutlich wurde dadurch vielen Menschen finanzieller Schaden zugefügt. Es ist leicht abschätzbar, dass die Zahl der vom IT-Systemfehler der Sparkasse Oberösterreich / Sparkassengruppe und der Erste Bank betroffenen Kreditnehmer in die Tausende geht.
Der KOV Kreditopferverein hat diese Fakten mehrfach bei der österreichischen Justiz vorgebracht – akribisch ausgearbeitet und detailliert erklärt, inklusive dem Verweis auf das in den Causen wesentliche Fachgutachten („Fachgutachten des Fachsenats für Datenverarbeitung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder zur Ordnungsmäßigkeit von IT-Buchführungen“). Es fällt schwer, vom bisherigen Ergebnis nicht irritiert zu sein: In beiden Causen wurden die Aufdecker (!) der Missstände auf Betreiben der Banken mit Prozessen eingedeckt, während die Sachverhalte um die fehlerhaften / manipulierten IT-Systeme konsequent ignoriert und die sich daraus ergebenden (Straf-) Tatbestände von Seiten der jeweiligen Banken nicht verfolgt wurden.
Diese verstörenden Umstände sind der Grund dieses Schreibens. Wie erklären Sie sich den befremdlichen Umgang der österreichischen Justiz mit Vergehen von Banken (bzw. Bankmitarbeitern), Herr Justizminister?
Wir gehen davon aus, dass dem Justizminister und der Finanzmarktaufsicht die massiven Problemfelder im Bereich der Banken-IT bestens bekannt sind. Da inzwischen offenbar tausende Bankkunden durch die derzeit bestehenden IT-Systemfehler geschädigt wurden, aber konsequent von einer Strafverfolgung der verantwortlichen Bankorgane abgesehen wird, würde uns interessieren,
- ob sich das Justizministerium über die strafrechtlich relevanten Sachverhalte über die Staatsanwaltschaften ein ausreichendes (Tat-) Bild verschafft hat und ob dazu eine Stellungnahme existiert?
- ob das Justizministerium in Zusammenarbeit mit der FMA zumindest Maßnahmen zur richtigen Darstellung von (Fremdwährungs-) Kreditverhältnissen bzw. eine Überprüfung von Sachkonten auf Manipulationen etc. bei den oben erwähnten Banken eingeleitet hat?
- welche Maßnahmen dies im Konkreten sind (bitte Aufzählung der gesetzten rechtlichen, technischen und sonstigen Prüfschritte – auch im Verhältnis zur FMA und der dort vorzunehmenden IT-Bankprüfungen im Rahmen der laufenden Bankenaufsicht etc.)?
- innerhalb welchen Zeitraumes diese Maßnahmen greifen sollen oder werden?
- wann spätestens mit einer Korrektur der unrichtigen Fremdwährungskreditdarstellungen und einer Beseitigung der Manipulationsanfälligkeit von Sachkonten zu rechnen ist?
- wie die Erhebung und Information der geschädigten Kreditnehmer erfolgt?
- in welcher Form die durch die falsche Kreditdarstellung betroffenen Kreditnehmer entschädigt werden?
Wie, in welcher Form und innerhalb welchen Zeitraumes eine personelle Aufstockung der österreichischen Justiz mit IT- und Bankexperten erfolgt, um die zunehmenden IT-Strafrechtsfälle umfassend, konzentriert und zeitnah abarbeiten zu können?
Wir fordern Sie hiermit höflich zu einer Äußerung dahingehend auf, was aus Ihrer Sicht die Erklärung für den befremdlichen Umgang der österreichischen Justiz mit Vergehen von Banken (bzw. Bankmitarbeitern) ist?
Darüber hinaus laden wir Sie ein, sich in Bezug auf das Agieren der österreichischen Justiz in Angelegenheiten um IT-Systemfehler bei Banken am 18.10.2016 um 13:30 am Landesgericht Linz (Saal 414) ein persönliches Bild zu machen. Wir freuen uns schon sehr, nach dieser Realitätsüberprüfung mit Ihnen persönlich, den anwesenden Medienvertretern und Prozessbeobachtern in Kommunikation zu treten. Ihr Kommen ist ein deutliches Signal dafür, dass Sie nicht vergessen haben, dass es als Minister Ihre Aufgabe ist, dem österreichischen Volk zu dienen.
Das Team des KOV Kreditopfervereins mit freundlichen Grüßen – im Oktober 2016
Zum Wells Fargo Artikel „Scheinkonten-Skandal rückt Banken ins Zwielicht“
Anmeldung zur Prozessbeobachtung für den 18.10.2016 hier
Zum Offenen Brief als Download PDF-Dokument
Die Menschen wurden dazu erzogen, alles was ihnen zunächst „Schwarz auf Weiß“ also kulturhistorisch betrachtet in geschriebener oder auf Stein gemeisselt, später in gedruckter Form oder danach aus dem Computer kommend digital präsentiert wird, als sakrosankt und quasi per Gesetz festgelegt und damit unumstößlich wahr und richtig anzusehen. Die haben in Jahrtausenden solcher Dominanz der dieser höheren Kulturtechniken fähigen Organisationen (Kirchen, Verwaltungen, Schulen und Klöster sowie des Militärs und der heute ähnlich sakrosankt angesehenen Banken) verlernt, sich den schriftlichen Ausfertigungen dieser Machthaber im jeweiligen Bereich ebenso kritisch zu nähern, wie in normalen verbalen Begegnungen unter Menschen . Dieser allem Schriftlichen vorauseilende Gehorsam und das damit verbundene Vorschuss-Vertrauen nutzen viele für ihre im Kundenverkehr getätigten Informationen (Werbung im Print und den E-Medien) schamlos aus und machen sich einen Spaß daraus, die Kunden und somit Geschäftspartner zu belügen, betrügen und hinters Licht zu führen und damit zu schädigen. Es sollte mit eine Aufgabe der Schule sein, über diese, seit Moses mit den Gesetzestafeln vom Sinai kam, geübte Praxis und die eingeübte Reaktion – fast schon ein Reflex – der mit „schriftlichem“ bedachten Zeitgenossen aufzuklären und alles derart gebotene doch kritisch zu hinterfragen zu lernen, will man nicht auf ewig der besonderen Magie des Schriftlichen zum Opfer fallen. Auch hier gilt in besonderem Maße : „Vertrauen ist gut, aber Kontrolle (des Inhalts) ist besser!“